Die Geschichte des Fahrrads

Die Laufmaschine

Mit der Jungfernfahrt auf seiner zweirädrigen Laufmaschine (Abb. 1) am 12. Juni 1817 in Richtung der kurfürstlichen Sommerresidenz in Schwetzingen legte Karl Freiherr von Drais (1785 – 1851) den Grundstein für die Entstehungsgeschichte des heute modernen und wieder populären Fahrrades.

Abb. 1 - Die 1. Laufmaschine

Abb. 1 – Die 1. Laufmaschine

Es war ihm erstmals gelungen ein einspuriges Fortbewegungsmittel auf zwei Rädern zu konstruieren, das der Fahrer mittels Lenkung aktiv balancieren konnte. Durch abwechselndes Anheben der Beine ermöglichte es auf gut befestigten Straßen, die damals jedoch rar waren, ein schnelles Fortbewegen und erstmals individuelle Mobilität. Drais ließ sich seine aus Holz gefertigte Erfindung 1818 gesetzlich schützen und verkaufte gegen eine Gebühr die Baupläne sowie die damit erworbene Lizenzplakette mit dem Wappen der Familie Drais – das Äquivalent zum heutigen Markenemblem der Autohersteller auf Motorhauben. Das Patent bezog sich jedoch nur auf das Großherzogtum Baden und die Laufmaschinen waren teuer, weshalb es zu vielen lizenzfreien Nachbauten kam. Rückblickend betrachtet erfreute sich die Draisine nur kurzer Beliebtheit, und dieser vorzugsweise im Kreise des wohlhabenden Bürgertums und des Adels. Recht schnell wurden Fahrverbote für Laufmaschinen verabschiedet, die als „Vélocipède“ oder „Hobby Horse“ nur noch in Frankreich und insbesondere England von „Dandys“ gefahren wurden. Es folgte eine recht lange Pause in der Geschichte der Fahrradentwicklung, ehe 1867 auf der Pariser Weltausstellung das sogenannte „Vélocipède“ (Abb. 2) des französischen Kutschenbauers Pierre Michaux (1813 – 1883) und dessen Sohn Ernest (1842 – 1882) vorgestellt wurde. Ihre Konstruktion verfügte über eine am Vorderrad angebrachte Tretkurbel. Wer diese tatsächlich erstmals an einem Vorderrad anbrachte, wird kontrovers diskutiert. Auf der Weltausstellung wurde das Fahrzeug ein Verkaufserfolg. Nachteil des aus Gusseisen gefertigten „Velocipeds“ war neben seinem hohen Gewicht der geringe Radumfang und die dadurch niedrige Geschwindigkeit. Dieser Umstand führte schließlich zur stetigen Vergrößerung des Vorderraddurchmessers und dem Einsatz neuer Materialien bei den Rädern: Die auf Druck belasteten Holzspeichen wurden durch ebenso belastete Eisenspeichen ersetzt, ehe die auf Zug gespeichten noch größere Stabilität ermöglichten.

Das Vélocipède

Abb.2 - Das VélocipèdeAbb.2 – Das „Vélocipède“

1868 erhielt Eugène Meyer (unbek.) ein Patent für Speichen, die an der Stahlfelge befestigt und in der Radnabe gespannt wurden. Dies ermöglichte noch größere Vorderräder und ein geringeres Gewicht. Das Hinterrad wurde dabei zugunsten der Lenkbarkeit immer kleiner. So entstand um 1870 schließlich das unter dem Namen „Ariel“ bekannte Hochrad (Abb. 3) der beiden Briten James Starley (1831 – 1881) und William Hillman (1848 – 1921). Die Fahrradproduktion hatte sich in der Zwischenzeit aufgrund der Konsequenzen des Dt./Frz. Krieges 1870/71 nach England verlagert

Das Hochrad

Abb_3

Abb.3 – Das Hochrad

 

Dank der sich entwickelnden Herstellungstechnik wurden nun Tangentialspeichen und Vollgummireifen verbaut, die zusammen mit dem größeren Raddurchmesser ein schnelleres Fortbewegen ermöglichten. Der fast genau über der Achse liegende Schwerpunkt führte aber zu schweren Stürzen und verlangte dem Fahrer ein hohes Maß an Geschick und Mut ab. Dies änderte aber nichts daran, dass das Hochrad europaweit populär wurde. Technische Detailverbesserungen sollten das Unfallpotential senken: Dank Kettenantrieb und Hebelübersetzung verlagerte sich der Schwerpunkt nun wieder etwas weiter nach hinten und die Sitzhöhe wurde gesenkt. Über Zwischenstufen führten weitere technische Neuerungen zum Sicherheitsniederrad (Abb. 4) in der bis heute gültigen Fahrradform: Zwei gleich große Räder, Kettenübersetzung und die von John Dunlop (1840 – 1921) entwickelten Luftreifen. Mehr Stabilität kam durch die nahtlosen „Mannesmann“-Rohre. 1890 wurde der heute noch gültige Diamantrahmen eingeführt, der durch wenig Materialeinsatz und Gewicht größere Stabilität bietet. Spezielle Rahmenformen für Frauen wurden ebenfalls entwickelt. Auf die Freilaufnabe im Jahr 1900 folgten schaltbare Getriebenaben für ein noch komfortableres Radfahren. Die Entwicklung der noch heute gültigen Grundform des Fahrrades war damit abgeschlossen. Detailverbesserungen einzelner Komponenten und der Einsatz neuer Materialien führen die Fahrradentwicklung weiter.

Das Sicherheitsniederrad

Abb.4 - Das Sicherheitsniederrad

Abb.4 – Das Sicherheitsniederrad

Bildernachweis: TECHNOSEUM, Foto: Klaus Luginsland<