Das gibt es nur im Theater: Karl Drais trifft Mark Twain

Beide waren kreative Geister mit umtriebigem Lebenswandel: Mark Twain und Karls Drais.

Begegnet sind sich der 1835 in Florida geborene Schriftsteller und der 1851 in Karlsruhe gestorbene Mechanikus nicht, obwohl beider Lebenswege die Kurpfalz kreuzten. Schade eigentlich, dachte sich der Mannheimer Theaterpädagoge, Schauspieler und Regisseur Henning Jacobsen. Unter dem Titel „Besorg Dir ein Fahrrad. Du wirst es nicht bereuen“ inszeniert er eine fiktive Fachsimpelei der beiden im Rahmen von „Dein Radprojekt“ des Jubiläums „200 Jahre Fahrrad“ in Mannheim. Zu sehen waren er und sein Spielpartner bei Monnem Bike – das Festival entlang der Drais-Route im Innenstadtbereich. Das Schloss, das Drais’sche Wohnhaus in M 1,8 und natürlich der Wasserturm gehörten dazu. Geplant sind insgesamt fünf Aufführungen, so dass das  samstägliche Einkaufs- und Festivalpublikum diese ganz besondere Performance quasi als Flaneur „wie zufällig“ erleben konnte.

Die Story, die er als fünf kleine zehn Minuten Stücke mit viel Improvisation in Szene setzt, erzählt von Mark Twain und seiner Reise durch Europa, bei der er Karl Freiherr von Drais und seine Erfindung, das Laufrad nämlich, besucht. Die beiden verwandten Geister sprechen über das Fahrrad und andere Erfindungen, Philosophie und Geld, Menschliches und Allzumenschliches und natürlich auch, wie man seinen Überzeugen folgt, auch wenn es jede Menge Widerstände gibt. Twain und Drais dürften sich einiges zu sagen haben. Beispielsweise, wie es ist, weltoffen zu sein und sich dennoch von der Welt verkannt zu fühlen.

Erst zwei Stunden vor Abgabetermin für „Dein Radprojekt“ hatte sich Henning Jacobsen, der im sonstigen Leben als Waldorflehrer Mathe, Physik sowie Technik und Naturwissenschaften unterrichtet, seine Idee eingereicht. Seit zehn Jahren ist der gebürtige Hamburger an Rhein und Neckar daheim, und genießt die ungezwungene Internationalität, das entspannte Miteinander und die Offenheit seiner Wahlheimat. Für ihn ist die Neugierde die größte Verbindungslinie zwischen den beiden Protagonisten seiner Performance. Neben einem roten Faden in Form eines Drehbuchs gab es bei den vier bis sechs Aufführungen an jeweils fünf Tagen auch jede Menge Platz für Spontanität . „Das Publikum wird einbezogen“, lautete das Motto – und amüsierte sich dabei prächtig. Der Reize des Frischlufttheaters für Macher Henning Jacobsen im ungeschützten Rahmen und in der besonderen Atmosphäre. Sein Fazit: „Es hat sich gelohnt, künstlerisch über den Tellerrand zu schauen. Unterhaltung, Spaß und Information lassen sich gut verbinden. Und für Straßentheater ist es wichtig, entweder einen Rahmen zu haben – wie am Festivalwochenende oder laut, robust und vielleicht sogar provokant zu sein“.